Hier schreibt Jörg:
Es fing vor 3 Jahren an, dass sich die oberste Schicht des Lackes im gesamten Schiffsinnenbereich anfing abzulösen. Zuerst an Stellen, welche stärker beansprucht wurden. Die sich ablösende Schicht war dünner wie Papier und hatte meist eine Größe von Fingernagelgröße. Ich machte sich auf den Weg und befragte mehrere „Fachleute“.
Die Meinung welche alle befragten einheitlich als Ursache befanden, war, dass der Hersteller, also Beneteau hier wohl Mist gebaut hätte. Bei der Ursache hingegen gab es mehrere Meinungen:
Der eine Fachmann sagte, dass vor der hauchdünnen Decklackierung der Untergrund vergessen wurde anzuschleifen.
Eine weitere Stimme sagte, dass es bei der Verarbeitungstemperatur der letzten Farbschicht, welche wahrscheinlich zu kalt gewesen ist und so es zu keiner Verbindung zwischen Vor- und Endlackierung gekommen ist.
Das Mischungsverhältnis zwischen Lack und Härter könnte auch ein Problem gewesen sein, usw., usw…
Alle meinten gleichlautend und unabhängig von der beschriebenen Ursache, dass mit den Jahren der Oberflächenlack weiter eintrocknet und hierbei die Oberflächenspannung sich derart erhöhte, dass dieser einreißt und sich schlussendlich ablöst.
Anyway, im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter unsere Yacht, zu dieser Zeit 13 Jahre, war mit einer Mangelbeseitigung von Beneteau nicht zu rechnen. Ein erster Kostenvoranschlag lag zwischen 8.000 – 10.000 Euro.
Ich machte mich kundig, ob und wie man vielleicht eine solche Lackierung selbst realisieren könnte. Es boten sich nach tiefer Recherche zwei Methoden an.
Entweder mit der Lackierpistole oder mit der Rolle. Ein Lackierermeister half mir bei der Auswahl. Für eine gute Lackierung mit der Spritzpistole müsste ein Großteil der Einbauten zu lackieren ausgebaut werden. Eine professionelle Absaugung müsste installiert werden und das Abkleben der nicht zu lackierenden Flächen wäre eine Sisyphusarbeit. Hm, eine fast gleichwertige Lackierung mit der Rolle, ist deutlich einfacher möglich. Also wählte ich diese Methode.
Ich befragte einen Profi in Sachen Lackauswahl und entschied mich für eine 2-Komponenten-Lackkombination. Diese ist für viele Jahre beständig, auch gegen Feuchtigkeit und viele aggressive Einflüsse.
Hier vielen Dank an die Firma Spiegel-Lacke für Hilfe und Beratung.
Make a long story short…
Zuerst musste die alte Lackierung komplett runter. Die oberste Schicht platze und splitterte bei Kontakt mit einer Abziehklinge im hohen Bogen ab.
Dann anschleifen. Der Lackaufbau beginnt mit einer 2-Komponenten-Grundierung, gefolgt von zwei Decklackierungen… und immer schön vor dem nächsten Lackauftrag angeschliffen!
Der Vorteil einer 2-Komponenten-Lösung ist, dass am Folgetag weiter lackiert werden kann. Hört sich nach einer schnellen Nummer an … ;-).
Ich kann von mir sagen, dass ich schnell, lange und koordiniert arbeite. Zu lackierende Flächen waren: 2 Achterkabinen, der Salon mit Küche, Pantry, die komplette Bugkabine. Um den alten Farbanstrich im gesamten Schiff abzutragen, benötigte ich knapp 14 Tage und über 120 Arbeitsstunden. Für die Grundierung und wieder anschleifen 5 Tage, zirka 50 Arbeitsstunden. Wieder knapp 14 Tage für die beiden Decklackierungen mit gut 110 Arbeitsstunden. Der Speziallack kostete ein Vermögen. Das größte Problem war die kurze Verarbeitungszeit des 2-Komponenten-Lackes, trotz Verdünnung und Verzögerers von nur gut 10 Minuten. Das Tragen einer Lackierer-Maske ist unabdinglich.
Die gute Nachricht, nach 2 Stunden auslüften, kann weitergearbeitet werden.
Resümee, die Lackierung kann problemlos mit einer Herstellerlackierung mithalten, dies wurde mit mehrfach und glaubhaft bestätigt. Diese Arbeit ist allerdings nur etwas für Leute mit einem Hang zu Masochismus.